Montag, 05. August 2019.
Nynäshamn. Ein mehr als anspruchsvoller Keilriemenwechsel.
Der eigentliche Tagesplan
sah so aus: Nachmittags gemeinsames Wandern mit den Winnipesaukees. Morgens
Arbeitsprogramm: Christine kümmert sich um die Wäsche, ich wechsle endlich mal
die Keilriemen des Schiffsmotors. Nicht, dass sie so aussähen, als wären sie
wirklich schon fällig. Aber sie sind mindestens so viele Jahre alt wie wir das
Boot haben. Möglicherweise sind es überhaupt noch die ersten Keilriemen seit
Inbetriebnahme des Motors. Verschleißteile sollte man m.E. eben nicht erst dann
wechseln, wenn sie hinüber sind und man sich u.U. in einer Situation befindet,
wo man einen gerissenen Keilriemen überhaupt nicht gebrauchen kann, weil man
z.B. den Motor abstellen muss, wenn es nämlich den Riemen betrifft, der die
Treibstoffpumpe und den inneren Kühlkreislauf antreibt.
So war also der Plan. Aber
es kommt ganz anders. Insgesamt sind 4 Keilriemen zu wechseln. Einer treibt die
12 Volt Lichtmaschine des Vetus Deutz Motors an. Eine einfache Geschichte. Zwei
parallel laufende Keilriemen treiben die zweite Lichtmaschine an, die 24 Volt
liefert und die großen Servicebatterien lädt. Diese gehört nicht zum Vetus
Deutz Motor, sondern ist zusätzlich daran-konstruiert worden. Diese Keilriemen
lassen sich auch spielend einfach entfernen. Aber es gibt ja noch einen
vierten, der nämlich die Kühlflüssigkeits- und die Kraftstoffpumpe antreibt.
Und diesen Riemen kann man nicht herunternehmen, weil nämlich die 24 Volt
Lichtmaschine mittels eines stabilen Vierkantrohrs am Motor verschraubt ist.
Und zwar unglücklicherweise so, dass zwischen dem Vierkantrohr und dem davor
laufenden Schwungrad gerade mal 2 mm Platz sind. Und durch einen so engen Spalt
lässt sich beim besten Willen kein Keilriemen zwängen. Wie man etwas so
schwachsinnig konstruieren kann, ist mir ein Rätsel. Das Vierkantrohr hätte
leicht an der Seite abgeschrägt sein können oder schlicht ein paar Zentimeter
kürzer. Dann gäbe es überhaupt kein Problem.
Es hilft nichts, dann muss
dieses Trägerrohr halt abgeschraubt werden. Es geht nicht anders. Das Ding wird
mit einer dicken Eisenplatte und zwei M16 Schrauben am Motor gehalten.
Schraubenschlüsselmaß 24 mm. Ich brauche den langen Drehmomentschlüssel und
mein volles Gewicht, um die Schrauben zu lösen. Sie lassen sich nur sehr schwer
herausdrehen. Erst nachdem sie endlich draußen sind, wird mir klar, was ich da
gemacht habe. Hätte ich das vorher gewusst, wäre dieser Keilriemen heute ganz
sicher nicht gewechselt worden. Die beiden dicken Schrauben sind nämlich in
erster Linie dazu vorgesehen, eine der vier Motoraufhängungen auf den
Schwingdämpfern mit dem Motorblock zu verbinden. Zusätzlich ist auch der Träger
der Lichtmaschine damit verschraubt. Und nun ist der Motor logischerweise nach
unten gesackt und ich kriege die Schrauben nicht wieder in die Löcher.
Natürlich ist es furchtbar eng und man kann eigentlich nichts sehen, sondern
muss filmen oder fotografieren, um sich ein Bild machen zu können.
Glücklicherweise kommt Heiko
vorbei, der als Maschinenbauingenieur gleich ein paar gute Ideen beisteuert und
auch sonst extrem wertvolle Hilfe leistet. Um den Motor wieder nach oben zu
bekommen, brauchen wir auf jeden Fall einen hydraulischen Wagenheber. Heiko
recherchiert gleich, wo es den nächsten Autozubehörladen gibt. 3 km per
Fahrrad. Na, das geht ja. Und dann brauchen wir ein stabiles Brett, auf dem wir
den Hydraulikheber setzen können. So ein Ding hat Heiko extra für solche Fälle
an Bord. Später sägen wir es mit der Stichsäge auf passende Länge und hobeln
dann noch einen halben Millimeter vom Ende ab, damit es genau passt. Aber
zunächst montiere ich einmal die beiden motoreigenen Keilriemen, wobei der
kritische der beiden etwas kürzer ist, als derjenige, der vorher drauf saß. Er
passt so gerade eben.
Mittlerweile ist es Halb
eins und ich schwinge mich aufs Fahrrad. Den Autozubehörladen finde ich sofort
und die haben dort tatsächlich das Werkzeug, nach dem ich suche. Zwar nur genau
eines, aber das reicht mir ja. Die 3 Tonnen, die man damit heben kann,
benötigen wir zwar nicht, aber schaden tut es auch nicht.
Heiko kommt wieder vorbei um
zu helfen. Allein wäre es ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Ich krieche
auf die andere Seite des Motors, Heiko bleibt auf der etwas komfortableren
Seite. Mit Verrenkungen kann ich von meiner jetzigen Position aus in die
Schraubenlöcher schauen um zu sehen, ob sie fluchten. Immerhin müssen wir drei
Teile in Deckung bringen, nämlich die Trägerkonstruktion für die 24 V Lima, die
Motoraufhängung und schließlich den Motorblock, in den das Gewinde geschnitten
ist. Wir heben den Motor mit dem Hydraulikheber an. Das geht ganz leicht und
lässt sich auch ziemlich fein dosieren. Die erste Schraube ist bald einmal im
Loch. Mit der zweiten wird es deutlich schwieriger. Wir murksen sicher eine
Viertelstunde herum, lassen den Motorblock mal wieder etwas tiefer sinken,
heben ihn dann wieder an. Es geht jetzt nicht nur um die Höhe, sondern die
seitliche Versetzung muss auch passen. Ich schaue in das Loch, Heiko bedient
den Wagenheber. Irgendwann sieht es ziemlich gut aus. Tatsächlich! Die Schraube
fasst und lässt sich hineindrehen. Puh! Mein lieber Scholli. Zeitweilig hatte
ich heute echte Bedenken, ob wir das Problem überhaupt gelöst bekommen. Etwas
stimmungsmindernd wirkte auch der starke Wind und die Wellen hier im Hafen, die
das Schiff zeitweilig ziemlich unruhig hin und her taumeln ließen. Super
jedenfalls, dass ich mit Heiko einen genialen Sparringspartner hatte. Zu zweit
geht alles deutlich leichter.
Aus dem nachmittäglichen
Wandern ist also (jedenfalls für die Jungs) nichts geworden, denn mittlerweile
ist es 16 Uhr. Die Mädels kommen dann irgendwann von ihrer ausgedehnten Tour
zurück und am Abend sind wir bei Dorothea und Heiko zu einer leckeren
Gemüsepfanne vom Grill eingeladen. Wir haben richtig Hunger und es schmeckt
super.
So sieht das ganze von oben aus. Der obere Pfeil zeigt auf das Träger-Vierkantrohr der 24 V Lichtmaschine. Der untere Pfeil zeigt auf das Schwungrad. Zwischen beiden ist nur 2 mm Platz und da sollte eigentlich der Keilriemen hindurch. Das geht natürlich nicht.
Linker Pfeil: Keilriemen. Rechter Pfeil: zu kleiner Spalt.
No way. Der Keilriemen passt da nicht durch!
Von unten aufgenommen: Pfeil oben: Die Eisenplatte, auf der das Vierkantrohr aufgeschweißt ist. Darin sichtbar die zwei Löcher für die 16 mm Schrauben. Pfeil mitte: Motoraufhängung. Pfeil unten: Motorblock. Alle drei Löcher müssen exakt voreinander liegen. Und das ist leichter gesagt als getan.
Ziemlich eng da hinten.
Auf der anderen Seite ist es auch nicht viel besser. Heiko ist eine wertvolle Hilfe in Theorie und Praxis.
Der hydraulische Wagenheber ist für diesen Job unverzichtbar, genauso wie das dicke Eichenbrett, das wir exakt auf Länge zuschneiden.
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