Dienstag, 25. Juni 2019

Schleusen, Schleusen, Schleusen

Dienstag, 25. Juni 2019. Von Sjötorp nach Norrkvarn, 9 Kilometer, 9 Schleusen und 7 Brücken in 4 Stunden. Radtour nach Töreboda, 20 km.

Schleusen, Schleusen, Schleusen. Man könnte auch schreiben: Wir schleusen, schleusen, schleusen ... und brücken natürlich. Nein, das Verb gibt es ja gar nicht, Brücken muss man schon groß schreiben. Aber auch davon sehen und passieren wir heute einige.

Bevor wir starten wollen wir uns noch das Götakanalmuseum in Sjötorp anschauen. Es öffnet erst um 10 Uhr, aber der Besuch lohnt sich. Das kleine Museum befindet sich in den Obergeschossen eines Cafés am oberen Hafenbecken. Man lernt einiges über den Kanal, z.B. dass dessen Erstellung das größte Bauprojekt war, das jemals in Schweden durchgeführt wurde. 60.000 Menschen waren involviert und 8 Millionen Mann-Tage wurden investiert. Die Eröffnung war im Jahr 1832 und schon bald fuhren außer Frachtkähnen auch Passagierdampfer mit Touristen darauf herum. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte die Eisenbahn dem Kanalbetrieb aber bereits deutliche Konkurrenz. Die Frachtschifffahrt behielt dennoch ihre Bedeutung bis nach dem zweiten Weltkrieg.

Also kommen wir erst um 11 Uhr weg. Die Schleuse steht offen und heute haben wir sie alle für uns alleine, wobei die ersten beiden gleich neben unserem Liegeplatz eine Zweier-Treppe bilden, wir also direkt aus der ersten in die zweite fahren. Die Schleusen sind übrigens nummeriert. Da wir die erste ja bereits vor zwei Tagen gemeistert hatten, liegen nun also Nummer 2 und 3 hinter uns. Die Schleusenbediener/-innen (es sind oft Mädels) melden jeweils an die nächsten Locks oder Brücken weiter, wenn Boote die Schleusen verlassen, so dass man im Optimalfall offene Türen einrennt, wenn man ankommt.

Nicht einmal einen Kilometer nach unserer Ausfahrt kommt der nächste Doppelpack. Doch unmittelbar davor ist eine niedrige Brücke, die zuvor für uns geöffnet werden muss. Da die Schleusenkammer vor uns leer zu sein scheint (die Tore sind allerdings geschlossen), was man sehen kann, wenn man aufs Kabinendach steigt,  gehen wir davon aus, dass die Brücke umgehend für uns geöffnet wird. Warum auch nicht. Viel Autoverkehr herrscht nicht und Gegenverkehr ist auch keiner zu sehen. Aber es passiert nichts. Verzögerungen und die Warterei ärgern mich eigentlich nur dann, wenn ich den Grund nicht kenne. Hier kann man niemanden anrufen oder einen Funkverkehr verfolgen. Aber wenn wir durch das Fernglas sehen, können wir auch keinen Bediener erkennen. Irgendwann beginnt es mir zu dämmern. Schließlich wissen wir von dem Gespräch mit dem Service-Mädel, das wir gestern auf unserer Radtour an dieser Stelle geführt hatten, dass hier ein Bediener für dieses Schleusenpaar und die nächste Schleuse zuständig ist. Als dann ein entgegenkommendes Motorboot in die obere Schleuse (Nummer 5) einfährt, wird uns klar, dass hier niemand verpennt hat, uns zu bedienen. Der Schleusenmann war nämlich an der nächsten Schleuse tätig, um das Boot in Gegenrichtung abzufertigen, also einige hundert Meter von uns entfernt. Nun müssen wir noch warten, bis das Boot die Treppe runtergeschleust wurde. Alles in allem warten wir gute 30 Minuten, was insofern etwas lästig ist, als es hier keine Möglichkeit gibt, irgendwo anzulegen. Man muss also mit Vorwärts- und Rückwartsfahrt und den Querstrahlrudern in etwa seine Position halten. Dafür ist der Schleusen-Student dann ausgesprochen nett.

Beim Wechsel von Schleuse 4 nach Schleuse 5 vergesse ich den Motor anzustellen, bevor Christine die Leinen los wirft. Christine steht beim Schleusen übrigens immer an Land, oben auf der Schleusenmauer, um die Vorleine zu belegen. Um die Achterleine kann ich mich selbst von Bord aus kümmern, weil ich über die Mauerkante langen kann, wenn ich mich auf die Reling stelle. Christine setze ich vor jeder Schleuse an einem kleinen Steg ab, der extra dafür zur Verfügung steht. Sie führt die Vorleine dabei in der Hand mit. Nun treibt das Boot quer in der Schleuse. Blöd, weil wir nur an Steuerbord Fender ausgebracht haben. Bloß nicht Backbord achtern anecken. Beim Starten des Motors klappt etwas nicht. Vielleicht aktiviere ich zu früh das Heckstrahlruder. Der heiße Motor springt sowieso etwas schwerer an als der kalte, das kenne ich schon. Also: Ganz schnell wieder die Leinen auf die Steuerbord-Mauer. Jetzt noch mal ganz in Ruhe. Nach zwei Versuchen springt die Maschine an. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die Batterie den Anlasser nicht besonders stark dreht. Die Spannung geht auf 8 Volt zurück. Kann ja nicht sein. Der Akku ist gerade mal ein Jahr alt. In den nächsten Schleusen lassen wir den Motor laufen.

Wir müssen im Laufe der Fahrt noch mehrmals warten, insbesondere vor den Brücken. Allerdings nie länger als 20 Minuten, meistens deutlich kürzer. Der Schleusenvorgang selbst geht erstaunlich schnell, denn die Schieber in den Schleusentoren werden weit geöffnet und lassen eine Menge Wasser hindurch schießen. Für eine Doppelschleuse brauchen wir 15 bis 20 Minuten, je nachdem, wie groß der Hub ist. In den letzten beiden Einzelschleusen dieses Tages (Nummer 9 und 10) vor Norrkvarn sind es jeweils 2,90 m, in den Zweier-Treppen sind die Einzelstufen etwas kleiner.

Als wir in Norrkvarn ankommen, ist an dem Steg, an dem Landstrom zu Verfügung steht, zu wenig Platz für uns. Es fehlt etwa ein Meter. Wir bitten die beiden vor uns liegenden Boote, etwas weiter nach vorn zu verholen. Freundlich und zuvorkommend entspricht man unserem Wunsch. Dennoch ist es ziemlich knapp. Aber Hauptsache, es reicht. Für kleine 9 Kilometer haben wir heute 4 Stunden gebraucht. Besser, wenn man es nicht eilig hat.


Bald nach dem Festmachen radeln wir die Strecke ab, die als Nächstes auf dem Programm steht. 10 Kilometer bis Töreboda und wieder zurück. Als wir um 18 Uhr wieder an Bord sind und etwas später im Cockpit zu Abend essen, fängt es an zu regnen. Gutes Timing. 


Über diesem Café befindet sich das Kanalmuseum


















Diese drei Passagierschiffe, hier als Modell, haben wir alle schon gesehen. Die Diana erst heute Abend.





In Schleuse Nummer 2, der ersten des heutigen Tages. Von hier aus geht es direkt nach Schleuse 3.













Die Heckleine bleibt belegt, die Vorleine wird während des Hochschleusens durchgeholt. Das ist gar nicht so schwer, denn wenn man so weit hinten in der Kammer liegen kann wie wir heute, schiebt einen die Strömung eh nach vorn, so dass die achtere Leine automatisch auf Zug bleibt und man vorn meistens nur die Lose rausholen muss.













Schon etwas mehr als die Hälfte ist geschafft.





Christine hat an Land eigentlich wenig zu tun, nachdem die Leine um den Ring gelegt ist.












So geht es schneller, als wenn man die Leinen komplett durchzieht und auf Slip legt. Das ist beim aufwärts Schleusen nicht nötig. Abwärts ist es dann anders.












Wir verlassen die Einzelschleuse 6












Eine Brücke wird für uns zur Seite geschoben













Dreh-, Schiebe-, Klappbrücken. Wir bekommen heute alles geboten. Diese Eisenbahnbrücke vor Lyrestad hat sogar eine Digitalanzeige, auf der die nächste Öffnung vermeldet wird. Wir kommen wohl zufällig genau zur richtigen Zeit an.




Vor der Einfahrt in die untere (Einzel-) Schleuse von Norrekvarn (Nr. 9) müssen wir 20 Minuten warten, allerdings komfortablerweise an einem Steg. Auch hier bedient eine Person die obere Schleuse von Norrekvarn, etwa 500 Meter entfernt.

 Während der Wartezeit schaue ich mir schon mal die Schleuse an. Es ist niemand zu sehen.

 So macht auch mir das Warten nichts aus.

 Hier geht es 2,90 m nach oben.


 Liegeplatz in Norrekvarn, entgegen unserer Fahrtrichtung.



Viel Platz ist nicht vorn und hinten.


Mit dem Rad erkunden wir die nächste Etappe




 Die Diana wird außerhalb der regulären Schleusenzeiten (hier um 19 Uhr) abgefertigt.



Von Sjötorp nach Norrkvarn. 9 km, 9 Schleusen, 7 Brücken.



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