Donnerstag, 26. August 2021. Von Kappeln nach Schleswig, 34 km.
Es ist kaum zu
glauben. Der starke Nordwind hat den Wasserstand der Schlei über Nacht um einen
Meter steigen lassen. Als ich nach dem Aufstehen rausschaue, stehen unsere Leinen
ordentlich auf Spannung und ich gebe erstmal einen kleinen Schrick rein. Die
Strömung hat sich selbstredend umgedreht und das Wasser schießt nun immer noch
mit einem ziemlichen Tempo in die Schlei hinein, wie man gut an den Tonnen im Fahrwasser
erkennen kann. Der Pegel steigt also weiter. Auf unserer Fahrt werden wir
feststellen, dass die Fließgeschwindigkeit an den Engstellen heute bis zu 2 kn (etwa
3,5 km/h) beträgt.
Unsere Abfahrt
orientieren wir an der nächsten Brückenöffnung in Lindaunis. Wie in Kappeln
soll auch diese Brücke immer 15 Minuten vor der vollen Stunde geöffnet werden.
Um 20 nach 10 werfen wir die Leinen los und tuckern nun ganz gemächlich –
zeitweilig im Standgas – dahin, damit wir die 12,4 km bis Lindaunis möglichst
genau dann abgefahren haben, wenn der Brückenmeister „das Tor“ aufmacht. Wir
sind wieder nicht die einzigen, die hindurch wollen. Aber mit Pünktlichkeit ist
heut‘ nix. Die kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke öffnet mit einer
Viertelstunde Verspätung. Das Rundfahrtschiff drängt sich (berechtigterweise)
vor, obschon es erst als letztes anrauscht. Wahrscheinlich ist das überhaupt
der Grund für die Verspätung. Auch die zunächst unverständliche Regelung, dass
die Brücken in Kappeln und Lindaunis (Abstand etwa 13 km) beide jeweils um
viertel vor voll öffnen, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass die
Berufsschifffahrt bei Ausnutzung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 15
km/h (an einigen Engstellen darf man allerdings nur 10 km/h fahren) kaum
Wartezeiten hat. Für kleinere Segler, und die sind hier bei weitem die
Mehrzahl, ist die Strecke in einer Stunde hingegen nur bei starker mitlaufender
Strömung zu schaffen.
Der Wind ist
stark (4 Bft) und böig (bis 6 Bft), tut uns aber nichts, weil sich keine Welle aufbauen
kann. Die Fahrt ist wunderschön, links und rechts viel Natur und hin und wieder
feine Häuser am Wegrand. Außerdem jede Menge kleine Yachthäfen. Um 1352 machen
wir in Schleswig im Stadthafen fest. Von hier sind es nur ein paar Gehminuten
bis in die Altstadt.
Nach dem
Ankommen gleich mal zum Hafenmeister zum Bezahlen. Hier gibt es keinen Automaten.
Eine Dame (wirklich viel Dame) kommt aus dem Büro und schickt mich wieder weg.
Bürozeiten erst um 14 Uhr 30. Ich bin eine Viertelstunde zu früh da. Als ich
dann später noch mal hingehe (kleine 500 Meter auf dem Steg, oder so), stehe
ich in der Schlange. Denn der oder die Hafenmeister/-in verarztet auch die Wohnmobilisten
vom Stellplatz nebenan. Ich bekomme mit, welche Auflagen der Camper vor mir bekommt.
Die Hafenmeisterin (dieselbe von vorhin) will von ihm und seiner Frau die
Impfausweise sehen bzw. auch die
Impftermine wissen („wie, Deine Frau ist am selben Tag geimpft, wie Du?“).
Außerdem erfahre ich, dass man immer nur für einen Tag bezahlen kann (und z.B.
nicht gleich für die nächsten 3 Tage) und dass der Schlüssel für die Toiletten
20 Euro Pfand kostet, die man natürlich wiederbekommt. Aber dafür muss man
diesen zu den Öffnungszeiten wieder abgeben. Mit frühem Aufbruch vor 8 Uhr ist
da nichts. Interessanterweise gelten alle diese Dinge dann offenbar nicht für
die Segler. Denn ich brauche nur meine 26 Euro zu bezahlen. Die Toiletten seien
ständig offen. „Halt, junger Mann, nicht so schnell!“, höre ich, als ich mich
zum Gehen umwende. „Wir sind noch nicht fertig!“ Ich drehe mich wieder um. „Ich
habe hier noch ein Navigationsgerät für Dich“ (die Dame duzt hier alle, das
hatte ich schon vorhin mitbekommen). Sie überreicht mir eine DIN A4-Karte mit
dem Stadtzentrum und eine Leinentasche mit Werbeaufdruck von Schleswig. „Die
ist für die fangfrischen Brötchen, die Du morgen früh gegenüber beim Café
kriegst, alles klar? Und der Müll und die Duschen sind …“ Die Dame hat Humor,
aber wirklich.
Mit unserem
papiernen „Navigationsgerät“ bewaffnet, tapern wir etwas später durch die Innenstadt.
Wir hatten keine großen Erwartungen an Schleswig und sind deshalb ausgesprochen
positiv überrascht. Zum Abendessen nehmen wir uns zwei Fischbrötchen mit, die
wir an Bord vertilgen. Anschließend laufen wir noch eine Stunde an der Uferpromenade
entlang.
Noch ein Wort
zu den Corona-Maßnahmen. Man merkt deutlich, dass wir in Deutschland angekommen
sind. Der Unterschied zwischen Schweden, Dänemark und den Germanen ist in
dieser Hinsicht wirklich frappant. Dass wir eingereist sind, hat natürlich
niemand mitbekommen. Wie auch? Aber hier besteht beim Betreten eines jeden Geschäfts
Maskenpflicht. Überall gibt es Desinfektionsspender. In jedem Lokal wird der Impfausweis
kontrolliert. Das gab es im Norden zwar auch hin und wieder, aber längst nicht
in der Durchgängigkeit. Deutsche Gründlichkeit halt.
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