Freitag, 23. Juli 2021

Zu hoher Erlebniswert

 

Freitag, 23. Juli 2021. Eva und Thomas von Bord. Dann Fahrt von Mariestad zum Ankerplatz vor Klitt, 58 km. Eine Fahrt mit extremem Erlebniswert!

 

Dieser Tag wird uns lange im Gedächtnis bleiben. Er beginnt mit einer frühen Wanderung. Christine und ich machen uns um halb sechs auf die Socken und genießen die frische Morgenluft im Naturpark Ekudden. Nach einer guten Stunde sind wir wieder an Bord. Dann eine Stunde Yoga und danach das letzte gemeinsame Frühstück mit Eva und Thomas, die uns nach sehr schönen zweieinhalb Wochen gegen 11 Uhr verlassen und Richtung Fähre in Malmö aufbrechen.

 

Um halb zwölf werfen wir die Leinen los und machen uns auf den Weg. Die Sonne lacht vom wolkenlosen Himmel und zunächst ist der Wind sehr schwach. Als wir nach zwei Stunden auf offenes Gewässer kommen, hat er aber etwas aufgedreht und bläst nun mit 13 Knoten aus Nord. Der „Anlauf“ ist groß genug, um zeitweilig Wellenhöhen von bis zu einem Meter entstehen zu lassen, die unser Boot in unangenehmes Taumeln versetzen und Christine gewaltig auf den Nerv gehen (nicht, dass ich besonderen Spaß daran hätte). Mehrfach gehe ich unter Deck, um Dinge zu sichern, die klappern oder schon durch die Gegend geschossen sind. Das Schaukeln lässt erst nach, als wir Läckö Slott passieren. Wir fahren in die Einfahrt zum Schloss um zu schauen, ob wir vielleicht einen Liegeplatz bekommen, aber – wie erwartet – ist es diesmal knallevoll und an ein Längsseitsliegen nicht im Traum zu denken. Vor zwei Jahren waren wir Mitte Juni hier, da sah es ganz anders aus.

 

Also fahren wir weiter, wie geplant. Eine Strecke von etwa 6 Kilometern führt durch eine wunderschöne Schärenlandschaft. Es war schon bei der Routenplanung klar, dass hier eine Herausforderung auf uns warten würde, denn es gibt enge Kurven auf der Strecke und dass es flach werden würde, war auch keine Überraschung. Aber was dann kommt, ist wirklich der Hammer. Obschon der ganze Weg betonnt und in Navionics eine Fahrroute eingezeichnet ist, hätte uns irgendjemand sagen sollen (ja, wer eigentlich?? Niemand natürlich, wir hätten einfach besser recherchieren müssen), dass diese Passage schlicht und einfach nicht für Boote unseres Kalibers ausgelegt ist. Die roten und grünen Tonnen liegen manchmal nur 3,50 m auseinander. Das ist nicht schön, wenn das Boot, wie unseres, 4,35 m breit ist. Außerdem sind unmittelbar noch einem solchen Tonnenpaar manchmal Kursänderungen von 90 Grad erforderlich. Und obendrein schreit das Echolot, dass nur noch 10 cm Wasser unterm Kiel sind. Man kann auch nicht gut umdrehen, wenn man mal drin steckt und froh ist, eine sehr kritische Stelle heil passiert zu haben. Wer will da schon rückwärts nochmal durchfahren? Ich frage mich, ob wir am Abend noch einen intakten Propeller haben werden oder ob wir den an irgendeinem Felsen, den man unter Wasser nicht sieht, kaputtschlagen. Mir bricht der Schweiß aus. So eine Passage habe ich noch nie erlebt und Heiko bestätigt später, dass es ihm nicht anders ergangen ist. Oft nehme ich den Gang raus, damit das Boot langsamer wird und ich den Kahn mit Bug- und Heckstrahlruder um die scharfen Ecken drehen kann. Leider sind die Bojen nicht aus Kunststoff, sondern aus Blech, was uns einige Kratzer an der Bordwand beschert. Ich hoffe sehr, dass sie nicht so massiv sind, dass man sie noch rauspolieren kann. Diese Fahrt hat eindeutig einen zu hohen Erlebniswert. Etwas weniger hätte es auch getan.

 

Um 17 Uhr fällt dann schließlich der Anker zwischen den Inseln Klitt und Lillön. Wir gehen noch eine Runde schwimmen, ich drehe eine Runde mit dem Dinghy und dann lassen wir den Abend ruhig ausklingen. Mittlerweile hat sich der Wind gelegt und zur Flaute gemausert.


Schlechtes Internet hier am Ankerplatz. Bilder werden morgen nachgereicht.


Morgenwanderung um halb sechs. Still ruht der See ...

... und im Wald ist auch noch nicht viel los.


Die Sonne ist schon längst aufgegangen





Mal wieder ein Oldtimer. Hier gesehen auf dem riesigen Campingplatz von Ekudden


Abschiedsfoto, kurz vor der Abfahrt von Eva und Thomas

Auf dem Vänern. Sieht ganz harmlos aus, führt aber zu einer nervtötenden Taumelei, vor allem, wenn Wind und Wellen von querab kommen. Wellenhöhen von bis zu einem Meter sind nix für unsere Gipsy 5 und Christines Befinden.

Diesen Weg hätten wir nicht unbedingt befahren müssen. Es hätte eine einfache und nicht viel weitere Alternative in tiefem Gewässer gegeben. Aber wir lieben ja die Herausforderung. Dass sie dann so groß wird, hätten wir allerdings gern vermieden, wenn wir bessere Informationen gehabt oder eingeholt hätten.

Überall schauen Felsen aus dem Wasser. Wenn das Echolot nur wenige Zentimeter unter dem Kiel anzeigt, weiß man leider nicht, ob man da gerade über Schlick rutscht, oder so ein hartes Stück Gestein tückisch im Weg liegt. 

Die Winnipesaukee folgt uns auf dem Fuße. Die Abstände zwischen den Bojen sind so klein, dass sich eine Berührung mit den Bordwänden manchmal nicht vermeiden lässt.

Heiko und Dorothea haben zudem das Problem, dass eine der beiden Maschinen aktuell keine Seekühlwasserkühlung mehr hat. Sie wagen es trotzdem zwei Mal, die zweite Maschine für kurze Zeit einzuschalten, damit sie um die engen Ecken kommen.

Diese Stelle ist besonders tückisch. Zwischen den beiden Bojen links im Bild (wir sind da gerade vor 20 Sekunden durchgefahren) muss man schon 90 Grad nach Backbord drehen, weil 10 Meter links von den Bojen bereits der Schilfgürtel und noch flacheres Wasser beginnen.

Dieselbe Stelle, eine halbe Minute später. Man fährt hier seeeehr, seeehr langsam, zumal das Echolot 10 cm unter Kiel anzeigt. Da haben die WinniP's etwas mehr Luft, denn ihr Tiefgang ist 15 cm weniger als unserer.


Noch ein paar Sekunden später an derselben Stelle.





Geschafft! Wir liegen in einer schönen Bucht vor Anker.

Ich mache einen Abstecher zur WinniP und Dorothea besucht Christine auf der Gipsy 5.


Dorothea auf dem Weg nach Hause.

Ein paar neue Kratzer auf dem Lack an der Bordwand (dies hier sind leider nicht die einzigen). Die werden wohl von der Berührung mit den Bojen herrühren.

Noch ein Lackschaden. Zum Einfahren des Ankers lege ich die Ankerleine auf den Backbordpoller. Ich hatte die Leine zwar an dieser Stelle gegen Schamfilen mit einem Schutz bedeckt, aber nicht daran gedacht, dass der Reck der Leine dazu führt, dass sich alles nach außen zieht, inklusive Schamfilschutz. Da wirken gewaltige Reibungskräfte, denn der Lack an Deck ist ziemlich hartes und widerstandsfähiges Zeug.


Am Abend schläft der Wind ein und wir erleben einen schönen Sonnenuntergang.

Track von Mariestad nach Klitt/Lillön, 58 km und ein Abenteuer der Extraklasse.

Rechter roter Pfeil: kurzer Abstecher nach Läckö Slott. Vom linken Pfeil abwärts: Die Erlebnisstrecke der besonderen Art. Unter "Track 2021" kann man sich das dann selber herauszoomen, wenn man möchte.












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