Dienstag, 7. Mai 2019

Handy über Bord


Montag/Dienstag, 07. Mai 2019. Zwei ärgerliche Pannen: 20 Liter Wasser in der Bilge und Handy über Bord.

Kurz nachdem ich das gestrige Posting online gestellt habe, werfe ich noch einen Kontrollblick in die Bilge, in der die beiden Wassertanks untergebracht sind. Ich hatte die Wassertanks am Abend aufgefüllt und will nur noch mal kurz checken, ob nicht oben am Tank Wasser ausgetreten ist. Wenn die Behälter sehr voll sind, lecken manchmal ein paar Schnapsglasmengen aus der Verschraubung des Füllstandsgebers. Nix da mit Schnapsglasmengen. Unten in der Bilge steht jede Menge Wasser. Etwa 20 Liter, wie sich dann herausstellt. Ziemlich dreckige Brühe. Trotzdem: Finger rein, ablecken, schmecken. Nicht delikat, aber Süßwasser. Schon mal gut. Wo kommt es her? Vor der Ursachensuche pumpen wir das Wasser zunächst mit der Bilgenpumpe außenbords, zumindest die erste Hälfte. Die letzten 10 Liter muss man per Lappen aufnehmen und in einen Eimer auswringen, weil die Pumpe leider nicht bis in den tiefsten Punkt der Bilge reicht.

Die Ursache kann eigentlich nur beim vorderen Puffertank liegen, in den alle Brauchwasserabflüsse des Vorschiffs geleitet werden. Aus diesem Tank wird dann das Schmutzwasser oberhalb der Wasserlinie nach außen gepumpt. Also in die Vorschiffsbilge schauen, wo dieser Puffertank untergebracht ist. Christine füllt die Spüle und dann lassen wir 10 Liter Wasser in den Tank strömen. Das Wasser schießt aus einem Verbindungsstück. Ok, Ursache gefunden. Von hier aus läuft das Wasser dann nach achtern unter die Wassertanks. Zunächst schaut es so aus, als ob ein Kunststoffteil geborsten wäre. Das wäre schlecht, denn Ersatz wäre schwierig zu beschaffen und wir könnten eine lange Zeit die Spüle und das Waschbecken im vorderen Bad nicht benutzen. Es liegt dann aber tatsächlich an der Schlauchverbindung. Der Druck der Schlauchschelle hatte das runde Kunststoffrohr an einer Seite eingedellt. Dadurch lag der Schlauch nicht mehr überall an und durch die Rille schoss das Wasser dorthin, wo es nicht hingehört, nämlich in die Bilge.

Die Lösung kann nur darin liegen, den Schlauch weiter auf den dickeren Teil des Kunststoffrohrs zu schieben. Leichter gesagt, als getan, denn der Schlauch ist mit Textilfasern verstärkt und lässt sich nicht so leicht weiten. Außerdem ist die Schlauchlänge dafür auch fast etwas zu kurz. Erst versuchen wir, die Sache mit Öl glitschiger zu machen. Geht nicht. Dann nehmen wir den Heißluftföhn und machen den Schlauch ordentlich warm. Geht immer noch sehr schwer, aber einen guten Zentimeter kann ich den Schlauch dann mit Einsatz aller mir zur Verfügung stehenden Muskelkraft über das dicke Rohr ziehen. Jetzt brauchen wir noch eine größere Schlauchschelle, denn die, die draufsaß, ist nun zu kurz. Haben wir ja Gott sei Dank an Bord, sogar ein größeres Sortiment und auch die richtige Größe.

Noch ein weiteres Problem entdecke ich. Die Lenzleitung läuft zur Lenzpumpe in den Maschinenraum. Und offenbar ist die vordere Lenzleitung im Maschinenraum undicht. Jedenfalls stehen plötzlich auch dort ein paar Liter Wasser. Gut, das ist nicht das größte Problem. Trockenlegen und irgendwann mal drum kümmern. Werkzeug wegräumen, aufklaren, nachputzen, schon fertig. Nach gut anderthalb Stunden, es ist mittlerweile 2230, können wir langsam ins Bett gehen.

 Zwanzig Liter Wasser in der Bilge unter den Wassertanks. Erste Frage: Wo kommt das her?

 Die Antwort: Aus einer undichten Schlauchverbindung in der Leitung, durch die das Grauwasser aus dem Puffertank außenbords gedrückt wird.

 Dort spritzt es heraus ...


... und das ist der Grund dafür. Eine Delle im Anschlussrohr.

 Um den Schlauch auf den größeren Rohrdurchmesser schieben zu können, muss er kräftig angewärmt werden.

Fertig. Der Schlauch sitzt nun gut einen Zentimeter weit auf dem dickeren Rohr.

 Ansicht vorher (rot) / nachher (grün)




 Am Schluss muss auch noch die Motorbilge trocken gewischt werden, weil die vordere Lenzleitung leckt. 




Das zweite Malheur, von dem in der Headline die Rede ist, passiert am nächsten Morgen. Wir werfen um 0810 die Leinen los. Gerade, als wir nach 20 Minuten Fahrt in den NOK einbiegen, werden wir von einem Polizeiboot aufgehalten. Der Kanal ist gesperrt wegen Arbeiten an einer Hochspannungsleitung. Noch für etwa 2 Stunden. Da hätten wir auch länger schlafen können. In der Nähe gibt es die kleine Marina Schreiber. Dorthin fahren wir, damit wir nicht Kreise drehen müssen und machen an einem Längssteg fest. Dabei fällt mein Handy über Bord, das Christine in ihrer Jackentasche hatte. Ins Wasser. Auf dem Handy zeichne ich während der Fahrt unseren Track auf. Weil ich vorher, bevor noch die Rede von der Sperrung war, selbst unter Deck gehen wollte, hatte ich es ihr in die Tasche gesteckt. Man kann es nicht einfach an Oberdeck ablegen, weil dann das GPS irgendwann abschaltet und der Track nicht mehr zuverlässig aufgezeichnet wird (war beim iPhone 5 nicht der Fall und finde ich beim neuen Handy sehr ärgerlich). Ich selbst achte immer darauf, das Smartphone an Bord nur so zu tragen, dass die Tasche sicher verschlossen ist, mit Reißverschluss oder Knöpfen. Daran hatte ich nicht gedacht, als ich es Christine in die Tasche stopfte. Denn sie saß ja nur am Steuer und es waren keine weiteren Aktionen geplant. Dann kam alles anders und wir waren plötzlich beim Festmachen an einer Pier, eben in besagter Marina Schreiber. Beim Belegen der Leinen bewegt und bückt man sich. An das Handy hatten wir beide nicht gedacht. Und plötzlich macht es Plumps. Scheiße, Scheiße, Scheiße, aber wirklich. Wassertiefe? 5 Meter. Wassertemperatur? 8 Grad. Wasserqualität? Na ja, bräunlich grün. Keine gute Fernsicht. Vielleicht 30 Zentimeter. Mist.

Ich finde mich schon damit ab, ein neues iPhone kaufen zu müssen. Denn bei 5 Meter Wassertiefe hilft ja wohl auch nicht die Wasserdichtigkeit des iPhone X. Apple garantiert schließlich nur eine halbe Stunde bei einem Meter Tiefe. Außerdem habe ich wirklich keine Lust, in diesem Wasser zu tauchen. Und wie groß ist die Chance, das Ding da unten zu finden? Nicht besonders hoch, denke ich. Nee, das mache ich nicht. Sicher nicht. Dann fällt mir ein, dass es ja gar nicht damit getan ist, ein neues Handy zu kaufen, denn ich brauche ja auch noch eine neue SIM-Karte. Die müsste ich mir aus Österreich schicken lassen. Und synchronisiert hatte ich die Daten auch lange nicht mehr. Also wäre vieles futsch, was auf dem Ding gespeichert war. Shit. Also doch tauchen? Ich habe wirklich keine Lust, aber schon gar keine!

Doch, es muss versucht werden. Ich setze die Chance, das Handy da unten zu finden, mit 50 Prozent an. Also, Neoprenanzug und -haube anlegen, Flossen und Brille aus der Backskiste holen. Wo war das jetzt in etwa, wo das Smartphone auf Tiefe gegangen war? In Höhe der Klampe auf der Pier etwa. Etwa. So genau wissen wir es nicht, weil wir gerade dabei waren, das Boot rückwärts zu bewegen. Und welche Taumelbewegungen macht so ein Handy unter Wasser. Wo wird es also liegen? Egal jetzt, rein ins Wasser. Au weia, ist das kalt. Die Atemfrequenz schnellt in die Höhe, ich kann gar nichts dagegen tun. Bei dieser Schnappatmung wirklich runtergehen? Da ist ja sofort die Luft alle. Langsam sickert das kühle Nass an den Extremitäten entlang zu Brust und Bauch. Also jetzt: Abwärts. Ich sehe nicht viel, obwohl ich die Lampe mitgenommen habe. Wann kommt der Grund? Jetzt bin ich unten. Die Sicht ist besser als gedacht, etwa einen halben Meter. Wohin schwimmen? Ich drehe ein paar Kreise. Jetzt wird die Luft allmählich knapp. Was ist das da? Ein Stück Holz? Nein, es ist das Handy. Super. Wenigstens die SIM-Karte ist gerettet, denke ich. Ab nach oben. Aufpassen! Nicht unter der Pier oder dem Boot auftauchen. Ich gucke nach oben. Endlich wieder an der Oberfläche. Ich halte das Handy aus dem Wasser und höre gleich das bekannte WhatsApp-Piepsen. Auch das Display leuchtet. Mensch, das gibt’s ja gar nicht. Funktioniert das Ding tatsächlich noch?

Erst mal raus aus dem Wasser und trockenlegen. Das Handy und das Ledercover in die Sonne. Scheint wirklich noch alles zu funktionieren. Wenn sich das bestätigen sollte und nicht noch mit Verzögerung Störungen auftreten, dann muss ich Apple für die Wasserdichtigkeit (das Teil lag immerhin eine gute Viertelstunde auf 5,50 Meter Tiefe) wirklich ein großes Lob aussprechen. Und mir gleich mit, weil ich mich über den Taucherfolg natürlich ausgesprochen freue.


An diesem schönen Kurzzeitliegeplatz passiert es: Das Handy geht auf Tiefe. Auf Nimmerwiedersehen?

 Schwere Entscheidung. Dann entschließe ich mich doch, ins kalte und trübe Wasser zu gehen.


 Kaum zu glauben. Ich finde das Handy in 5,50 m Tiefe gleich beim ersten Tauchgang (gerade, als die Luft knapp wurde)

 Noch irrer: Das Ding funktioniert sogar noch. Hoffentlich bleibt das so.






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