Mittwoch, 02. Mai 2018,
Elburg. Ungeplante, tagesfüllende Arbeit am Backbord Davit.
Unseren letzten Tag in
Elburg haben wir uns irgendwie anders vorgestellt. Es erwartet uns toller
Sonnenschein und wir wollen es ganz gemütlich angehen lassen. Bevor wir zum
Aldi fahren, um den Getränkebestand an Bord aufzustocken, was ja mit Auto doch
einfacher zu bewerkstelligen ist, als zu Fuß oder per Fahrrad, will ich schnell
noch die Batterien in den beiden Fernbedienungen der Davits, an denen unser
Beiboot am Heck hängt, austauschen. Die acht kleinen Schräubchen, die die
Gehäusehälften verbinden, sitzen ziemlich fest. Um sie wieder einzudrehen, legt
man das Gerät also am besten auf die Vorderseite vor sich auf den Tisch, in
diesem Fall den Salontisch. Dann kann man schön Druck ausüben.
Plötzlich knallt es ganz
gewaltig. Was war das? Am Heck sehe ich die Bescherung. Das Fall des
Backbord-Davits ist offenbar gerissen, denn das Dinghy hängt nur noch an
Steuerbordseite. Dort, wo es schwerer ist, also am Heck mit dem Motor, liegt es
ins Wasser. Mir wird sofort klar, was passiert ist. Unabsichtlich hatte ich
beim Zuschrauben des Deckels der Fernbedienung die Druckschalter auf der
Vorderseite aktiviert, blöderweise denjenigen, der nach oben zieht. Weil das
Dinghy aber schon ganz nach oben geholt war, hat die Kraft der elektrischen
Winde das Fall zerrissen. Weil das Radio lief, konnte ich auch nicht hören,
dass die Winde sich abmühte. So ein Mist. Mir schwant gleich, dass das ein
Mehrstundenjob wird.
Um an die Winde zu gelangen,
muss man erst einmal eine Schublade ausbauen, was sich als mühsam herausstellt,
weil man seitlich schlecht an die Schrauben der Laufschienen herankommt. Dann
das alte Fall abnehmen und die Länge messen. Es sind 7 m. Jetzt hoffe ich, dass
es in Elburg eine hoch reißfeste Leine zu kaufen gibt und mir jemand eine
Kausch einspleißt. Glücklicherweise gibt es im Ort tatsächlich einen kleinen
Laden mit Segelzubehör, der so etwas machen könnte. Ich nehme das Rad und bin
in 5 Minuten dort. Der Inhaber ist freundlich und ich habe Glück. Erstens hat
er das passende Material, eine 4 mm starke Leine mit 1250 kg Bruchlast. Die ist
so reißfest wie ein gleichstarkes Drahtseil. Und Kauschen spleißt er mir auch
gleich ein. Weil ich schon mal da bin, lasse ich gleich zwei Leinen anfertigen.
Wer weiß, wann das Steuerbordfall reißt? Nachdem ich zugeschaut habe, wie der
Chef die Kauschen eingearbeitet hat, könnte ich das beim nächsten Mal auch selbst
erledigen. Berechnet hat er für die Viertelstunde Arbeit nichts, nur das
Material muss ich bezahlen.
Zurück an Bord, sollte es
jetzt flott und schnell weitergehen. Denkste Puppe. Die Idee, mit einem Stück
Draht als Vorlauf das Fall um die Rolle am äußeren Ende einzufädeln und dann
der Schwerkraft den Rest zu überlassen, die nämlich Draht und Leine dann
einfach nach unten rutschen lassen sollte, erweist sich als nicht umsetzbar.
Zwar bekomme ich den Draht im 90-Grad-Winkel um die Rolle herum und kann ihn
auch etwa 30 Zentimeter weit in das Rohrgestänge schieben. Aber dann ist
Schluss. Dort gibt es einen Widerstand, der nicht zu überwinden ist. Es ist
jedes Mal wieder blöd, wenn man eine Technik vor sich hat, deren Innenleben man
nicht sehen kann und von der es keine Zeichnung gibt. Um mehr sehen zu können,
muss der Stopfen am Ende des Rohrs herunter. Es zeigt sich, dass es sich dabei
um einen gedrechselten, massiven Kunststoffzylinder handelt, der so fest im
Rohr sitzt, dass ich ihn nur mit kräftigen Hammerschlägen auf einen großen
Schraubenzieher millimeterweise herausschlagen kann. Dauert bestimmt eine halbe
Stunde, bis ich das Ding schließlich in der Hand halte. Aber jetzt sehe ich
immer noch nicht mehr. Halt, da gibt es noch eine Schraube. Die hält
wahrscheinlich die obere Rolle in Position. Also: Schraube rausdrehen, Rolle
rausziehen. Huch, da wäre fast wieder was schiefgegangen. Denn als die Schraube
draußen ist, rutscht die Rolle plötzlich tiefer ins Rohr. Mensch, ist die
schwer. Mit Daumen und Zeigefinger kann ich sie gerade noch halten, aber
keinesfalls rausziehen. Wenn das Ding jetzt nach unten im Rohr verschwindet,
wird der Job noch umfangreicher. Christine holt einen Dorn aus dem Werkzeugschapp
und kann damit durch das Schraubenloch stechen und die Abwärtsfahrt erfolgreich
bremsen.
Mit etwas Gefummel fädele
ich ein Bändsel um die Rolle und kann nun die Rolle mit allem, was da sonst
noch dranhängt, rausziehen. Es sind nämlich vier solcher Konstruktionen auf
einem Flacheisen aneinandergereiht, damit das Fall überall rollengelagert ist
und nicht innen im Rohr anliegt. Wiegt bestimmt 5 kg. Aufwendig gemacht. Hätte
ich nicht vermutet. Danach gibt es keine unangenehmen Überraschungen mehr und
der Rest besteht nur noch aus dem Abarbeiten einzelner Schritte, womit auch
noch einmal eine Stunde vergeht.
Am späten Nachmittag kommen
wir dann doch noch zum Aldi und können am Abend bei angenehm warmen
Temperaturen und Sonnenschein erstmals in dieser Saison im Cockpit dinieren.
Beim Verschrauben der Gehäusehälten der Fernbedienung nach einem Batteriewechsel hatte ich unabsichtlich und unbemerkt die Backbordwinde der Davits aktiviert. Weil das Fall aber bereits komplett aufgeholt war, reißt die Kraft der Winsch das Fall auseinander.
Gerissenes Fall ...
... und die zwei neuen Leinen, die ich glücklicherweise in Elburg kaufen bzw. anfertigen lassen konnte.
Um an die Winde zu kommen, muss eine Schublade raus.
Diesen Stopfen aus dem oberen Ende des Davit-Rohrs zu schlagen, kostet einige Mühe, weil er verflixt fest im Rohr drin sitzt.
Die Leine von oben einfädeln, funktioniert auch mit einem Drahtvorlauf nicht, weil der nach 30 Zentimetern vor ein Hindernis stößt. Aber welches?
Erst nach einer Weile gelingt es uns mit vereinten Kräften, diese Konstruktion aus dem Rohr zu ziehen. Damit das Fall nicht innen im Rohr schamfilt, sind mehrere Rollen eingebaut. Klar, dass man die mit einem dünnen Draht nicht treffen kann.
Das neue Fall ist eingefädelt und aufgespult. Das Dinghy kann wieder aufgeholt werden und an seinem Platz hängen.
Erstes Abendessen der Saison an Deck. Es ist schön warm mit der tiefstehenden Sonne im Rücken.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen