Mittwoch, 22. September 2021

Besuch vom Zoll

 

Dienstag, 21. und Mittwoch, 22. September 2021. Glückstadt. Wir präparieren das Boot für den Haulout, außerdem bekommen wir Besuch von Sabine und Frank und … vom Zoll.

 

Wir arbeiten weiter unsere Checkliste ab um für unseren Krantermin am Donnerstagmorgen gerüstet zu sein. Auf dieser Checkliste stehen immerhin 72 Positionen, die unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Am längsten dauern Motorölwechsel (inklusive Ölfilter und Dieselfeinfilter und anschließendem Aufklaren etwa 2 Stunden) und die Winterpräparierung des Frischwassersystems an Bord (inklusive Toiletten und Abwasser etwa 3 Stunden). Der Dienstag beginnt erst einmal damit, 20 Liter Altöl entsorgen zu müssen. Bisher war es nie ein Thema, dass man in der Werft das Öl entsorgen kann. Hier bekomme ich zunächst zu hören, dass man das gar nicht annehmen dürfe. Nach einiger Diskussion kann ich das Altöl und die Filter dann schließlich doch abgeben.

 

Am späteren Vormittag radle ich 2 km zu einem Hagebaumarkt und kaufe dort einen kleinen 6-Liter-Kompressor mit 8 bar Maximaldruck. Ich will versuchen, damit die Frischwasserleitungen auszublasen, anstatt, wie in den Vorjahren, das ganze System mit Frostschutzmittel zu befüllen. Das ist nämlich erstens ziemlich teuer und zweitens relativ zeitaufwendig.  Den Kompressor auf dem Fahrrad zu transportieren erweist sich als nicht so einfach. Beim Start fällt mir das Ding gleich einmal vom Gepäckträger. Irgendwie kriege ich aber auch das geregelt. Auf dem Weg zum Baumarkt plaudere ich ein paar Minuten mit der Crew der Stormvogel, die wir in Bora Bora getroffen hatten. Kurzes, aber freudiges Wiedersehen.

 

Am Nachmittag besuchen uns Sabine und Frank. Unsere Kaffeemaschine ist noch in Betrieb und Sabine hat selbstgebackenen Pflaumenkuchen mitgebracht. Später gehen wir gemeinsam im „Kleiner Heinrich“ essen, ein total uriges und gemütliches Restaurant am Marktplatz, super Küche und ebenso guter Service. Als die beiden uns verlassen, ist es halb zehn und es liegen noch 330 Kilometer Heimreise vor ihnen. Sie kommen jedenfalls nach uns ins Bett, das ist mal klar.

 

Nachdem am Mittwochvormittag einige kleinere Themen der Checkliste abgearbeitet werden, steht für den Nachmittag der große Punkt „Frischwassersystem einwintern“ auf dem Plan. Dafür muss ich viel im Motorraum herumturnen, was wegen der beengten Platzverhältnisse anstrengend und nicht besonders rückenschonend ist. Danach können wir weder Händewaschen noch die Toiletten benutzen, was etwas lästig ist, wenn man noch eine Nacht an Bord wohnt. Deshalb steht dieser Punkt auch immer ziemlich am Ende allen Schaffens.  Der Start zu diesem Unternehmen wird allerdings unerwartet von dritter Seite unterbrochen.

 

Es klopft an der Bordwand. Wir erwarten beide, dass es sich dabei um entfernte Bekannte handelt, die derzeit mit dem Wohnmobil in Glückstadt sind. Dass sie hier sind, haben wir wiederum von Freunden erfahren. Wäre ja ein schöner Zufall und wir freuen uns schon. Aber die Menschen, die da klopfen, haben Uniformen an und sind vom Zoll. Zwei Ladies und ein Gentleman. Eine der Ladies scheint die Chefin zu sein. Sie stellt die Fragen. Aufmerksam auf uns sind sie wohl wegen der österreichischen Flagge geworden. Was wir hier machen, woher wir kommen, wie lange wir schon das Boot haben, warum das Boot hier aus dem Wasser soll, ob ich Österreicher sei. Und: Ob für das Boot in Europa die Mehrwertsteuer bezahlt worden sei? Ja, das weiß ich nun definitiv, dass dem so ist. Aber jetzt werde ich aufgefordert, das auch zu beweisen. Sollte kein Problem sein, ich habe ja alle Papiere an Bord. Aber etwas Geduld müssten sie aufbringen, weil es wahrscheinlich eine Weile dauert, bis ich die richtigen Dokumente in dem dicken Ordner gefunden habe. Das sei kein Problem, ihre Dienstzeit ginge noch ein paar Stunden. Dieweil ich suche, soll Christine noch unsere Pässe beibringen. Das ist natürlich eine leichte Übung und schnell erledigt.

 

Als erstes finde ich den Seebrief, das amtliche österreichische Zulassungsdokument. „Auch schön“, bekomme ich zu hören, aber hauptsächlich interessiert sie der Mehrwertsteuernachweis. Ich weiß, dass ich den habe. Hoffentlich nicht zu Hause. Ich muss etwas länger suchen. Nein, er ist tatsächlich da. Freudig präsentiere ich den vom Holländischen Zoll abgestempelten Din A 5 Zettel. „Nee, der gilt ja nicht. Da steht ja kein Betrag drauf“, bekomme ich von der freundlichen Beamtin zu hören. Nein, da steht tatsächlich kein Betrag drauf aber ich weiß genau, dass mir der Makler beim Kauf des Bootes gesagt hatte, dieser Wisch sei besonders wichtig und den dürfe ich nicht verlieren. Falls man nämlich nicht nachweisen kann, dass die Mehrwertsteuer in Europa bezahlt wurde, muss man sie nachentrichten. Das wären gleich einmal einige Zehntausend Euro. Ich erkläre, dass das halt das niederländische Dokument sei und ich auch absolut sicher sei, dass ich da nicht verladen worden bin. Schließlich haben wir das Boot bei einem sehr renommierten Makler mit mehreren Stützpunkten in Europa gekauft. Außerdem weiß ich, dass der Vorbesitzer ein Holländer ist und das Schiff bei der holländischen Werft in Auftrag gegeben hat. Der Kahn ist ganz sicher ordentlich besteuert verkauft worden. Aber die freundliche Dame vom Zoll glaubt mir nicht. Ich frage mal vorsichtig, ob es denn sein könne, dass sie sich vielleicht nicht mit den holländischen Papieren auskenne? Nein, da müsse ein Betrag draufstehen. Sie erklärt mir dann ausführlich, wie oft es vorkomme, dass Yachten nicht versteuert seien und wieviel Schindluder damit getrieben würde und dass man den Kriminellen das ja nicht an der Nase ansähe. Weiß ich alles. Notfalls bin ich auch sehr zuversichtlich, eine andere Bestätigung von der Werft, die das Schiff gebaut hat oder vom Vorbesitzer die Originalrechnung zu bekommen. Falls nicht, müsse ich die Mehrwertsteuer noch einmal zahlen, bekomme ich zu hören. So freundlich die Dame ist, ich werde doch langsam etwas ungehalten.

 

Schließlich entschließen sich die drei (nein eigentlich entschließt sich die Chefin, denn der männliche Kollege wirft eh zwischendurch ein, dass das Dokument aber schon nach einem echten Zolldokument aussähe), Seebrief, Pässe und diesen Zollwisch zu kopieren und telefonisch etwas nachzuforschen. Nach einer Viertelstunde taucht die Chefin wieder auf. Zu Christine sagt sie lächelnd: „Sie dürfen morgen nach Hause reisen, aber Ihren Mann müssen wir leider dabehalten“. Ist natürlich ein Scherz. Ich hatte Recht und das Dokument ist ein gültiges Zollpapier. Im Zollauto haben sie zunächst mal (ich nehme an per Google translate) den holländischen Text des Dokuments übersetzt und zusätzlich beim Hauptzollamt in Emden nachgefragt. Hat alles seine Richtigkeit. Ich finde, man darf doch wohl erwarten, dass Zollbeamte, die solchen Fragen oder Delikten nachgehen, die einschlägigen Dokumente der übrigen EU-Staaten kennen, ganz sicher aber doch diejenigen der unmittelbaren Nachbarstaaten.

 

Nachdem alle Papiere wieder im Ordner versorgt sind, geht es dann mit halbstündiger Verspätung an die Wasserorgie. Nach drei Stunden sind wir damit durch. Das Wetter ist super. Duschen in der Werft, ein kurzer Sundowner an Deck, dann gehen wir zum Marktplatz und essen heute in einem kleinen Hotel, ebenfalls ausgesprochen gut. Es folgt die letzte Nach an Bord in diesem Jahr. Morgen früh um 9 Uhr kommt das Boot aus dem Wasser.


Zur Mittagszeit öffnet sich das Sperrwerk für zwei Stunden. Wenn man den Hafen verlassen will, muss man genau diesen Zeitraum erwischen. Sonst bis zum nächsten Tag warten.

Fahrräder und SUP sind auf der Oberkoje im Vorschiff verstaut.

Bettwäsche und Klamotten, die an Bord bleiben, werden vakuumverpackt.

Sabine und Frank reisen an ...

... und  Gemma ist erstmals auf einem Schiff.

Mit dem neu gekauften Kompressor blasen wir mit Druckluft Warm- und Kaltwasserleitungen durch. Wie immer beim ersten Mal, dauert es relativ lange. Beim nächsten Mal geht es vielleicht eine halbe Stunde schneller.


Schönes Wetter heute. Morgen soll es leider regnen.


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