Montag, 23. Oktober 2017.
Ein kleines Resumé unserer ersten Motorbootsaison.
Das Schippern auf den
Binnenwasserstraßen: Es ist in etwa so, wie wir es uns vorgestellt haben, d.h.
unsere Erwartungen haben sich voll und ganz erfüllt, auch wenn wir vorher
natürlich keine detaillierten Erfahrungen bezüglich dessen hatten, was da auf
uns zukommen würde.
In dieser Saison, die
unmittelbar nach Ostern mit der Ausrüstung des Bootes in Sneek begonnen hatte,
haben wir insgesamt 1840 Kilometer zurückgelegt, davon fast 100 Kilometer auf
der Ems, etwa 170 Km auf der Weser, 600 Km auf dem Rhein (und zusätzlich 120
auf der Ijssel), 220 Km auf der Mosel und schließlich noch 110 Kilometer auf
der Lahn. Den überwiegenden Teil der Strecke (um genau zu sein, 72 Prozent) sind
wir also auf Flüssen gefahren, wobei es hier doch ziemlich große Unterschiede
gibt. Während Mosel und Lahn sehr romantisch daherkommen und oftmals kaum
Fließgeschwindigkeiten haben, sieht es auf dem Rhein ganz anders aus. Hier
haben wir Strömungsgeschwindigkeiten von 9 km/h erlebt. Bergwärts kommt man
kaum voran, dafür geht es in der anderen Richtung mit einem „irren“ Tempo
talwärts. Auf dem Rhein muss man auch wegen der Berufsschiffahrt ziemlich
aufpassen, weil man teilweise mehrere Entgegenkommer und Überholer gleichzeitig
neben, vor und hinter sich hat. Dafür hat der Rhein in den Abschnitten, die wir
befahren haben, keine Schleusen und die Brücken sind so hoch, dass man niemals
den Mast legen muss.
Apropos Schleusen: Insgesamt
haben wir 63 Mal geschleust, manche Schleusen haben wir in beiden Richtungen
passiert. Nachdem wir anfänglich noch etwas unsicher waren, haben wir im Laufe
der Saison dann doch einige Erfahrung gesammelt und kommen nun ganz gut klar,
indem wir nur noch mit einer Leine festmachen. Die Schleusen selbst sind dabei
durchaus sehr unterschiedlich. Die große Seeschleuse in Emden ist mit ihren
Abmessungen von 260 mal 40 Meter sogar breiter als die Panamakanal-Locks, in
der Lahn sind wir in Schleusenkammern hineingefahren, die kaum breiter als
unser Boot waren und deren Brücken auch nach oben gerade noch 10 cm Luft
ließen.
Ein Highlight des
Binnen-Cruising sind für uns besonders die Städte, in deren Herz man mit dem
Boot anlegen kann, egal, ob es sich dabei um Großstädte oder kleinere Orte
handelt. Groningen, Emden, Oldenburg, Bremen, Münster, Düsseldorf, Köln oder
Koblenz, sie alle haben ihr eigenes Flair, wobei ihnen gemeinsam ist, dass ein
fließendes oder stehendes Gewässer das Stadtbild prägt. Mit seinem eigenen Heim
mittendrin eine Zeit lang parken zu können, hat uns in diesem Jahr jedenfalls
sehr gut gefallen. Aber nicht nur die großen, auch die kleineren Städte am
Wasser haben ihre Reize, wie wir besonders in Holland oder an Mosel und Lahn
erleben konnten. Vielleicht sollten wir uns in Zukunft den einzelnen Orten
sogar noch intensiver widmen und weniger Kilometer machen, als in diesem Jahr.
Hinsichtlich des Boots
glauben wir, uns richtig entschieden zu haben. Die Gipsy 5 ist zwar von den
äußeren Abmessungen etwa gleich groß wie die Gipsy IIII, bietet aber schon
etwas mehr Wohnraum. Das liegt vor allem daran, dass ein Motorboot die größte
Breite fast auf der gesamten Schiffslänge hat, während das bei einem Segelboot
eher nur in der Mitte der Fall ist. Der Komfort ist etwas größer, weil auch
nach oben mehr Platz vorhanden ist. Außerdem erleichtern einige
Ausstattungsmerkmale, wie die Waschmaschine (mit Trockner) das Leben an Bord. Der
große Wohnkomfort scheint uns auch der Hauptvorteil gegenüber einem Wohnmobil
zu sein, denn um gleichviel Platz zu haben, müsste man auf den Straßen schon
mit einem Doppeldecker durch die Gegend fahren.
Was gefällt uns nun also
besser, Segeln oder Motorboofahren? Beides ist toll, keine Frage, vor allem,
wenn man sich der Sache zeitlich relativ unlimitiert widmen kann. Zum jetzigen
Zeitpunkt ist jedenfalls das Motorboot die richtige Wahl, schon weil Christine
wegen des fehlenden Seegangs nicht mehr unter Seekrankheit leiden muss und auch
das Fahren als solches genießen oder während der Fahrt unter Deck verschiedenen
Dingen nachgehen kann. Ohne die Benutzung eines Beiboots abends einfach über
den Steg in eine Stadt marschieren oder radeln zu können, hat auch seinen Reiz.
Die Nähe zur Heimat bietet durchaus Vorteile und für Freunde und Verwandte ist
es einfacher, uns mal an Bord zu besuchen.Und wenn es mal was zu reparieren
gibt, ist das i.d.R. nicht so kritisch, dass man die Fahrt nicht fortsetzen
könnte oder bei Aufschub der Instandsetzung ein zu großes Risiko einginge. Im
Zweifel bekommt man alle Ersatzteile flott geliefert. Überhaupt: Das
potentielle Risiko für Leib und Leben ist bei der Binnenschifffahrt schon
deutlich kleiner, als beim Hochseesegeln. Falls man mal über Bord fallen
sollte, schwimmt man eben schnell an Land. Das Leben auf und mit der Gipsy 5 gestaltet
sich für uns jedenfalls abwechslungsreich und interessant. Attraktive Ziele,
die wir mit dem Motorboot in den nächsten Jahren ansteuern können, gibt es so
viele, dass es schwerfällt zu entscheiden, wo es als nächstes hingehen soll.
Lieber in den Norden, z.B. über den Göta-Kanal nach Stockholm oder doch lieber
nach Südfrankreich? Langeweile ist bisher jedenfalls nie aufgekommen und ich
bin selten in der Situation gewesen, dass ich der Gipsy IIII und dem
Blauwassersegeln nachgetrauert hätte.
Und dennoch: Der größere
Reiz läge für mich nach wie vor darin, zu exotischen Plätzen zu segeln. Es ist
anspruchsvoller, erfordert mehr Planung, die Herausforderung ist größer. Und
die Belohnung am Ende auch. Das Abenteuer, Inseln zu besuchen, die man nur per Segelboot
erreichen kann, bietet eine ganz besondere Erfüllung und der Landfall nach
einer Ozeanüberquerung hat eine spezielle und faszinierende Qualität. Die
Farben tiefen Blaus und leuchtenden Türkisgrüns der Südsee gehen uns beiden
schon etwas ab. Aber es ist ja nicht so, dass wir das in den sechs Jahren, die
wir segelnd auf den Weltmeeren unterwegs waren, nicht ausreichend hätten
genießen können.
Kann man das eigentlich vergleichen? Oben drei Bilder aus dem vergangenen halben Jahr von der Gipsy 5, unten drei Fotos von der Gipsy IIII.
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