Mittwoch, 7. Juni 2017

Bahnfahrt mit Hindernissen

Mittwoch, 7. Juni 2017, Emden. Pfingstbrunch, diverse Jobs an Bord, Bahnfahrt mit Hindernissen.

Zur Feier des Pfingstmontags gönnen wir uns im Grand Café ein spätes Frühstück, zusammen mit Christa und Jürgen. Der anschließende Gang zum Bunkermuseum bleibt wieder unbefriedigend, weil die Eingangstüren verschlossen sind. Nicht etwa wegen des Feiertags, sondern wegen der Montagsruhe. Es bleiben ein paar Arbeiten an Bord, z.B. nehme ich mir noch mal die Fender vor, die etwas mehr Luft haben dürften. Neulich ist mir das Aufblasen mit der Fahrradpumpe nicht gelungen, aber heute klappt es. Der Trick liegt darin, dass man das Ventil herausdrehen, dann den Fender mit zu hohem Druck etwas überfüllen und anschließend das Ventil schnell wieder reindrehen muss. Funktioniert jedenfalls.

Am nächsten Tag dann zwei 230-Volt-Jobs. Hier am Steg müssen wir ständig 50 Cent Münzen in den Strom-Automaten werfen. Dafür bekommt man jeweils ein Kilowatt. Nur: Die Menge ist ruckzuck verbraucht und wir wollen schließlich nicht 12 Mal am Tag Münzen einwerfen. Irgendwann wird mir klar, dass der Warmwasserboiler ein ständiger und relativ großer Verbraucher ist. Das Ding erhitzt das Leitungswasser entweder über die Motorwärme oder die Heizung oder 230 Volt. Da die Heizung mittlerweile ausgeschaltet ist und der Motor schließlich nur dann läuft, wenn wir unterwegs sind, zehrt der Boiler also Landstrom. Schön wäre es deshalb, wenn man das Gerät bequem ausschalten könnte. Dem ist aber nicht so, denn dazu muss man entweder in den Motorraum klettern und den Stecker aus der Dose ziehen, oder die Sicherung ausschalten. Da sich der Sicherungskasten aber unter den Sitzbänken befindet, ist das noch unbequemer. Also muss ein gut zu erreichender Schalter eingebaut werden. Und wo ich schon dabei bin, installiere ich auch gleich noch eine weitere 230 Volt Steckdose in der Nähe. Damit gehen schnell ein paar Stunden drauf, aber am Ende sind wir sehr zufrieden mit dem Resultat.

Am Abend hat Gaby zum Pizzaessen bei ihr zu Hause eingeladen. Vegetarisch, mit sehr viel Gemüse und luftig flockigem Teig. Lecker. Der Fußweg dorthin ist attraktiv und führt an der Kesselschleuse und dem Jade-Ems-Kanal vorbei. Kennen wir zwar schon, ist aber jedes Mal wieder schön zu gehen.

Am Mittwochmorgen früh aufstehen. Um halb sieben sitzen wir im Auto und sind unterwegs nach Osnabrück. Besuch bei meiner Mutter, anschließend parken wir den Wagen in der Garage und gehen zu Fuß zum Bahnhof. Rückweg nach Emden per Zug. Bei der Fahrt erleben wir schlechtes Management lokaler Angestellter mit unvorhergesehenen Problemen. Dieses besteht darin, dass auf der Strecke zwischen Lingen und Emden ein Güterzug liegengeblieben ist. Das erfahren wir aber zunächst nicht, sondern werden per Durchsage in unserem Regionalzug informiert, dass dieser außerplanmäßig in Lingen endet. „Alle aussteigen, dieser Zug fährt zurück nach Münster. Bitte warten Sie auf weitere Durchsagen auf dem Bahnsteig“. Aber es gibt keine Durchsagen. Also finden sich etwa 50 Reisende in dem kleinen Bahnhofsgebäude ein, in dem ein fünfundzwanzigjähriger „Fahrkartenverkäufer“ hoffnungslos überfordert ist. Eine lange Schlange bildet sich vor seinem „Schalter“. Alle wollen dasselbe: Informiert werden, wie es weitergeht. Aber dazu ist dieser Hilflose nicht in der Lage. Zuständig sei die Fahrdienstleitung, und die werde sich schon melden, wenn es was zu melden gäbe. Schienenersatzverkehr? Weiß er nicht. Gibt es Busverbindungen nach Norden? Weiß er nicht. Aktive Information an alle Umstehenden? Fehlanzeige. So streut jeder der Wartenden die Infos, die er von dem „Beamten“ bekommt, in die Runde. Ärger macht sich breit. „Strecke total blockiert, das kann bis morgen dauern“. „Wir sollten mit dem Taxi fahren“. „Oder ein Hotel nehmen?“, das sind einige der Kommentare, die wir hören. Ich frage das Jüngelchen, ob wir die Kosten erstattet bekommen, wenn wir ein Taxi nach Emden nehmen. Die Antwort lautet „Ja“ und die Quittung könnten wir einreichen bei „...“. Also fragen wir am Taxistand mal nach den Kosten. 240 Euro sind uns dann doch zu teuer und das Risiko zu groß, dass wir schließlich auf der Rechnung sitzen bleiben. Nach einer halben Stunde bin ich soweit, dass ich selbst bei der Fahrdienstleitung anrufen will. Da kommt ein Intercity aus Süden und hält auf Gleis 2. Einige laufen schon in die Richtung (immerhin etwa 200 Meter, weil wir durch eine Unterführung müssen). Keine Info vom Schalterbeamten. Ich gehe noch mal schnell zu ihm hin und frage, ob dieser Zug nun nach Emden fährt. Er bejaht. Ich kann ihn gerade noch – schon leicht gereizt – fragen, warum er das nicht aktiv an alle kommuniziert (auf die Antwort kann ich gar nicht warten, es käme wohl eh keine), dann laufen auch wir zu Gleis zwei. Aber vielleicht fährt dieser Zug ja auch nach Hannover und nicht nach Emden. Ich laufe gleich weiter nach vorn zum Zugführer und frage den. Der wird ja wohl wissen, wo er hinfährt. So bin ich dann derjenige, der die restlichen Reisenden darüber informiert, dass sie beruhigt einsteigen können. Ärgerlich bei der ganzen Aktion ist für uns nicht die Verspätung oder das Problem als solches. Das kann schließlich immer mal wieder passieren. Aber ohne Information im Regen stehen gelassen zu werden, ist etwas, dass nicht nur uns, sondern auch viele andere Menschen ausgesprochen nervt. Ein positives Beispiel in dieser Hinsicht ist dann der Zugführer unseres Intercitys, der ausführlich und wiederholt alle Passagiere darüber informiert, wo und wie sie ihre Anschlusszüge erreichen und dass die Fähre in Norddeich auf die Ankunft des Zuges warten wird, so dass die Urlauber heute noch nach Norderney kommen.


Obschon wir verspätet in Emden ankommen, ist unsere 19 Uhr Vorstellung als Auftakt zu den Emder Filmfestspielen, für das wir Dauerkarten gekauft haben (13 Filme wollen wir in den nächsten Tagen anschauen), nicht gefährdet. Wir sehen „Tanna“, eine tragisch endende Liebesgeschichte im Kontext zweier zerstrittener Stämme, die noch nach den strengen Traditionen vanuatischer Urvölker leben. Es spielen die echten Stammmitglieder. Originalsprache mit deutschen Untertiteln. Ein toller Film, ganz besonders für uns, weil wir vor noch nicht einmal zwei Jahren mit der Gipsy IIII in Vanuatu und auch auf Tanna waren und uns deshalb viele Locations, die Bräuche und auch die Gesänge sehr bekannt vorkommen. Einige der beeindruckendsten Szenen spielen oben am Kraterrand des Vulkans Yasur und wir müssen daran denken, wie imponierend wir das Schauspiel der in die Luft fliegenden Lava mit dem begleitenden Getöse dort oben, an genau dieser Stelle, erlebt haben. 

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