Mittwoch, 25. Oktober 2017

Saison-Resumé

Montag, 23. Oktober 2017. Ein kleines Resumé unserer ersten Motorbootsaison.

Das Schippern auf den Binnenwasserstraßen: Es ist in etwa so, wie wir es uns vorgestellt haben, d.h. unsere Erwartungen haben sich voll und ganz erfüllt, auch wenn wir vorher natürlich keine detaillierten Erfahrungen bezüglich dessen hatten, was da auf uns zukommen würde.

In dieser Saison, die unmittelbar nach Ostern mit der Ausrüstung des Bootes in Sneek begonnen hatte, haben wir insgesamt 1840 Kilometer zurückgelegt, davon fast 100 Kilometer auf der Ems, etwa 170 Km auf der Weser, 600 Km auf dem Rhein (und zusätzlich 120 auf der Ijssel), 220 Km auf der Mosel und schließlich noch 110 Kilometer auf der Lahn. Den überwiegenden Teil der Strecke (um genau zu sein, 72 Prozent) sind wir also auf Flüssen gefahren, wobei es hier doch ziemlich große Unterschiede gibt. Während Mosel und Lahn sehr romantisch daherkommen und oftmals kaum Fließgeschwindigkeiten haben, sieht es auf dem Rhein ganz anders aus. Hier haben wir Strömungsgeschwindigkeiten von 9 km/h erlebt. Bergwärts kommt man kaum voran, dafür geht es in der anderen Richtung mit einem „irren“ Tempo talwärts. Auf dem Rhein muss man auch wegen der Berufsschiffahrt ziemlich aufpassen, weil man teilweise mehrere Entgegenkommer und Überholer gleichzeitig neben, vor und hinter sich hat. Dafür hat der Rhein in den Abschnitten, die wir befahren haben, keine Schleusen und die Brücken sind so hoch, dass man niemals den Mast legen muss.

Apropos Schleusen: Insgesamt haben wir 63 Mal geschleust, manche Schleusen haben wir in beiden Richtungen passiert. Nachdem wir anfänglich noch etwas unsicher waren, haben wir im Laufe der Saison dann doch einige Erfahrung gesammelt und kommen nun ganz gut klar, indem wir nur noch mit einer Leine festmachen. Die Schleusen selbst sind dabei durchaus sehr unterschiedlich. Die große Seeschleuse in Emden ist mit ihren Abmessungen von 260 mal 40 Meter sogar breiter als die Panamakanal-Locks, in der Lahn sind wir in Schleusenkammern hineingefahren, die kaum breiter als unser Boot waren und deren Brücken auch nach oben gerade noch 10 cm Luft ließen.

Ein Highlight des Binnen-Cruising sind für uns besonders die Städte, in deren Herz man mit dem Boot anlegen kann, egal, ob es sich dabei um Großstädte oder kleinere Orte handelt. Groningen, Emden, Oldenburg, Bremen, Münster, Düsseldorf, Köln oder Koblenz, sie alle haben ihr eigenes Flair, wobei ihnen gemeinsam ist, dass ein fließendes oder stehendes Gewässer das Stadtbild prägt. Mit seinem eigenen Heim mittendrin eine Zeit lang parken zu können, hat uns in diesem Jahr jedenfalls sehr gut gefallen. Aber nicht nur die großen, auch die kleineren Städte am Wasser haben ihre Reize, wie wir besonders in Holland oder an Mosel und Lahn erleben konnten. Vielleicht sollten wir uns in Zukunft den einzelnen Orten sogar noch intensiver widmen und weniger Kilometer machen, als in diesem Jahr.

Hinsichtlich des Boots glauben wir, uns richtig entschieden zu haben. Die Gipsy 5 ist zwar von den äußeren Abmessungen etwa gleich groß wie die Gipsy IIII, bietet aber schon etwas mehr Wohnraum. Das liegt vor allem daran, dass ein Motorboot die größte Breite fast auf der gesamten Schiffslänge hat, während das bei einem Segelboot eher nur in der Mitte der Fall ist. Der Komfort ist etwas größer, weil auch nach oben mehr Platz vorhanden ist. Außerdem erleichtern einige Ausstattungsmerkmale, wie die Waschmaschine (mit Trockner) das Leben an Bord. Der große Wohnkomfort scheint uns auch der Hauptvorteil gegenüber einem Wohnmobil zu sein, denn um gleichviel Platz zu haben, müsste man auf den Straßen schon mit einem Doppeldecker durch die Gegend fahren.

Was gefällt uns nun also besser, Segeln oder Motorboofahren? Beides ist toll, keine Frage, vor allem, wenn man sich der Sache zeitlich relativ unlimitiert widmen kann. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedenfalls das Motorboot die richtige Wahl, schon weil Christine wegen des fehlenden Seegangs nicht mehr unter Seekrankheit leiden muss und auch das Fahren als solches genießen oder während der Fahrt unter Deck verschiedenen Dingen nachgehen kann. Ohne die Benutzung eines Beiboots abends einfach über den Steg in eine Stadt marschieren oder radeln zu können, hat auch seinen Reiz. Die Nähe zur Heimat bietet durchaus Vorteile und für Freunde und Verwandte ist es einfacher, uns mal an Bord zu besuchen.Und wenn es mal was zu reparieren gibt, ist das i.d.R. nicht so kritisch, dass man die Fahrt nicht fortsetzen könnte oder bei Aufschub der Instandsetzung ein zu großes Risiko einginge. Im Zweifel bekommt man alle Ersatzteile flott geliefert. Überhaupt: Das potentielle Risiko für Leib und Leben ist bei der Binnenschifffahrt schon deutlich kleiner, als beim Hochseesegeln. Falls man mal über Bord fallen sollte, schwimmt man eben schnell an Land. Das Leben auf und mit der Gipsy 5 gestaltet sich für uns jedenfalls abwechslungsreich und interessant. Attraktive Ziele, die wir mit dem Motorboot in den nächsten Jahren ansteuern können, gibt es so viele, dass es schwerfällt zu entscheiden, wo es als nächstes hingehen soll. Lieber in den Norden, z.B. über den Göta-Kanal nach Stockholm oder doch lieber nach Südfrankreich? Langeweile ist bisher jedenfalls nie aufgekommen und ich bin selten in der Situation gewesen, dass ich der Gipsy IIII und dem Blauwassersegeln nachgetrauert hätte.


Und dennoch: Der größere Reiz läge für mich nach wie vor darin, zu exotischen Plätzen zu segeln. Es ist anspruchsvoller, erfordert mehr Planung, die Herausforderung ist größer. Und die Belohnung am Ende auch. Das Abenteuer, Inseln zu besuchen, die man nur per Segelboot erreichen kann, bietet eine ganz besondere Erfüllung und der Landfall nach einer Ozeanüberquerung hat eine spezielle und faszinierende Qualität. Die Farben tiefen Blaus und leuchtenden Türkisgrüns der Südsee gehen uns beiden schon etwas ab. Aber es ist ja nicht so, dass wir das in den sechs Jahren, die wir segelnd auf den Weltmeeren unterwegs waren, nicht ausreichend hätten genießen können. 



Kann man das eigentlich vergleichen? Oben drei Bilder aus dem vergangenen halben Jahr von der Gipsy 5, unten drei Fotos von der Gipsy IIII. 









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